Erstbesuchsbericht Gasthof Zum Goldenen Löwen // Nauders
vom 23.01.2020
„Jeder Tag ist ein neuer Anfang…“
Besagt ein alter Schriftzug unter der edel aussehenden alten goldenen Uhr in einer der neu umgebauten Stuben.
Standort und Geschichte
Am süd-westlichen Teil Tirols, wo die Straßen nur wenige Kilometer nach Südtirol oder in die Schweiz führen, liegt das 1500 Einwohner zählende und 1400 m hoch gelegene Dorf Nauders. In diesem Hochtal zwischen dem Finstermünzpass im Norden und dem Reschenpass im Süden gibt es einen „Dreiländergrenzstein“ auf 2180 m Seehöhe. Die meisten Einwohner leben hier von der Landwirtschaft und dem Tourismus. Es sollte eigentlich eine Symbiose ergeben, jedoch braucht der Tourismus mehr als die Landwirte produzieren können. Direkt im Kern des Ortes steht der geschichtsträchtige Gasthof zum goldenen Löwen.
Der Gasthof am Platz gehörte früher um die 1750 einen gewissen Martin Fuchs, und so nannte man es dann „Fuchsische Wirtsbehausung“. Wahrscheinlich war der gesamte Gutshof früher eine Art Rast- und Lagerstätte (viel Platz im großen Gewölbekeller, dem jetzigen Restaurant) für Durchreisende und vielleicht auch Schmuggler?
Der Postbote Johann Pali erwarb dieses im Jahre 1810 und nannte es Gasthof zum Goldenen Löwen. Nach seinem Ableben übernahm die Familie des Franz Waldegger (Ur- Ur-Großvater) der jetzigen Seniorchefin das Gehöft. Über viele Generationen ist der Goldene Löwe nun im Besitz der Familie Habicher. Der jüngste ist mittlerweile im 7. Lebensjahr.
Allgemeines und Ambiente
Hier lautet das Motto:
„Schöne Augenblicke sind das Glück des Lebens…“
Nach vielen Investitionen und laufenden Erneuerungen haben nun die Söhne Franz und Andreas den Betrieb übernommen. Die Gaststube im 1. Stock ist das Prunkstück des Hauses. Diese sollte anscheinend im Jahre 1563 errichtet und vertäfelt worden sein. Diese geschichtsträchtige Stube zu beschreiben ist nicht einfach, denn schon allein beim Betreten kommt eher Ehrfurcht als ein “Wow“ als Erstes.
Der Kachelofen, die alten Urkunden, das Kruzefix, die Heiligenbilder, die Kupferlampen oder die weiße Taube (der heilige Geist) in der Mitte der ebenfalls getäfelten Decke sollte man einfach selbst einmal besichtigen. Nur der Boden musste gezwungenermaßen erneuert werden.
Das eigentliche Restaurant ist aber im Erdgeschoss, wie schon erwähnt mit den dicken Mauern und der mächtigen Gewölbedecke. Auch hier gib es alte Vertäfelungen mit sehr netten Dekorutensilien aus den verschiedensten Zeiten. Sehr angenehmes und gemütliches Ambiente mit schlichtem Tischdekor.
Kulinarik und Service
Der Franz schaukelt die Küche und ist sehr ambitioniert. Er kocht mit Produkten aus der nächsten Umgebung alles was im Bereich des Möglichen ist. Ich kann schon an der Anrichteweise und der Qualität der Lebensmittel erkennen, auf was der Chef hier am meisten Wert legt. Auf der Webseite unter der Rubrik Kulinarik ist ein
Zitat von Göthe zu lesen: „Das Essen soll zuerst das Auge erfreuen dann den Magen...“
- ja und so wird es hier gemacht.
Ich erhielt als Gruß aus der Küche zwei dünne Scheiben Kalbfleisch mit einer feinen Thunfischsoße und einem Schwarzbrotchip serviert auf einer kleinen Keramikplatte.
Ein köstlicher Appetitanreger mit dem ich Lust auf mehr bekam. Ebenfalls auf einer aber größeren Keramikplatte wurde mir ein Rohnencarpaccio mit heimischen Ziegenkäse Walnüssen und einen wunderschönen feinen marinierten Salatbouquett serviert.
Wiederum alles hervorragend auf einander abgestimmt. Zu guter Letzt wurde fachgerecht noch das gekochte Ochsenfleisch in der eigenen Suppe mit Gemüsestreifen in einem tiefen Porzellanteller gebracht. Apart dazu die perfekt gewürzten Kartoffelrösti und der Sahnekren.
Es muss ja nicht immer Tafelspitz sein, auch andere Teile vom Rind sind meiner Meinung nach sogar besser geeignet als Siedfleisch. Deshalb großes Lob an die Küche, denn sie können stolz auf ihre Arbeit sein. Was mir noch gefallen hat, dass hier alle mit Hausverstand arbeiten, und dazu gehört die Kellnerin, welche mich hervorragend bedient hat, auch dazu. Sie war höflich, nett und sehr professionell.
Die Familie Habicher haben ja schon die Krone der Gastlichkeit als Auszeichnung erhalten, und umso mehr freut es mich, ihnen auch die Urkunde für die Erhaltung der Tiroler Wirtshauskultur mit dem Qualitätssiegel 2020 zu verleihen.
Nauders, am 23.01.2020
Johann Pichler